Läuferin Marika Heinlein mit Mann Bruno im Ziel beim Spartathlon-Ultralauf
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Marika: mit kleinen Schritten zum großen Glück laufen

Es ist ein trister Augusttag und es regnet wie aus Kübeln, als ich im kleinen Marktflecken Wiesentheid in Unterfranken die Hofbuchhandlung Heinlein betrete. Genau das richtige Wetter, um eine Läuferin zuhause anzutreffen. Die schwere, hölzerne Eingangstüre knarzt beim Öffnen und kündigt mein Eintreten an. Sofort stehe ich zwischen Büchern und tauche ein in eine kleine aber feine Bücherwelt. Urgemütlich ist es in dem zum Laden umgebauten Teil des ehemaligen Bauernhofs, in dem sich die Verkaufsräume befinden. Jeder Zentimeter ist mit Bücherregalen, Drehständern und Tischen voller Bücher  belegt. Postkarten und kleine Geschenkartikel ergänzen das Sortiment.

Marika und Bruno, die Inhaber, erwarten mich schon hinter der Theke. Hier steht auch ein großer Sessel, in den sich Marika im Laufe unseres Gesprächs setzt. Die einzige freie Wand ziert eine Pinnwand mit Urkunden und Medaillen, die auf die zweite Leidenschaft der beiden, das Laufen, hinweist. 

Ich nehme auf einem gemütlichen Sofa Platz, das hier inmitten der Bücher steht und gleich zum Schmökern und Reden einlädt. 

Liebe Marika,

vielen Dank, dass Du, dass Ihr, Euch heute Zeit für mich genommen habt und offen seid für meine neugierigen Fragen! Lass‘ uns im doppelten Sinne ganz am Anfang beginnen, am Anfang eines ganz normalen Tages und am Anfang Eurer gemeinsamen doppelten Erfolgsgeschichte:  

Helga: Wie fängt denn für dich, Marika, ein guter Tag an? Bist du jemand, der morgens um 5 Uhr aufsteht und sofort aufs Laufband springt, um schon mal eine Stunde wegzulaufen, bevor der Tag überhaupt richtig beginnt?

Marika: Bei mir klingelt der Wecker um 6:06 Uhr. (lacht) Ich stehe gleich auf, es sei denn, es schüttet aus Eimern. Ich habe einen Joker pro Woche, da könnte ich das Laufen auch ausfallen lassen…

Bruno: … das kannst du vergessen, den nimmt sie sowieso nie.

Marika: Stimmt, den nehme ich selten. Ich stehe also auf, trinke meinen Kaffee schwarz dazu kaltes Wasser aus dem Kühlschrank und hoffe, dass ich, bevor ich loslaufe, mal auf die Toilette kann. Dann laufe ich meistens so eine Stunde. Wenn ich wieder heimkomme dusche ich gemütlich und wecke den Bruno. Zur Belohnung gibt es einen Latte Macchiato und dann fange ich gemütlich an zu arbeiten. 

Helga: Das heißt, du läufst immer draußen?

Marika: Meistens draußen. Ich habe Jahre gehabt, da habe ich ambitionierter trainiert, da bin ich ganz viel auf dem Laufband gelaufen. Momentan trainiere ich nicht so gerne auf dem Laufband, aber …

Bruno: …es wäre fürs Tempo besser.

Marika: Ja, es wäre fürs Tempo besser.

Helga: Ein Dauerregen, so wie heute, hält dich also nicht vom Laufen ab?

Marika: Ich bin gestern früh aufgestanden, da hat es nicht geregnet. Dann war ich gerade fertig angezogen fürs Laufen, da fing es an. Da habe ich mir gedacht: „Egal, ich gehe trotzdem raus.” Das mache ich dann auch. Ich hasse mein Leben lang schon das Aufstehen, aber ich bin trotzdem so diszipliniert und stehe trotzdem auf. Denn wenn ich doch mal einen Joker ziehe, nicht aufstehe und erst 

zwei Stunden später aus dem Bett komme und bin nicht gelaufen, da stehe ich genauso ungern auf 

und dann ärgert es mich auch noch, dass ich nicht gelaufen bin.

Helga: Wenn Du mir also den Satz vervollständigen solltest: 

“Ein Tag ohne Laufen ist  für dich ein …“?

Marika: „… kein Tag.” (lacht herzlich)

Helga: Also, ist bei Dir noch immer so viel Leidenschaft fürs Laufen da?

Marika: Ja. (strahlt) Ich bin einfach ausgeglichener, besser gelaunt. Das ist einfach so.

 

Wie das mit dem Laufen anfing:

Helga: Mit dem Laufen angefangen habt Ihr so um die Jahrtausendwende?

Marika: Also mit den langen Geschichten ja.- Das Laufen angefangen hat eigentlich Bruno. 

Bruno: Nein,- du!

Marika: Ja, dann ist das eine längere Geschichte. Ich habe  mit einer Freundin angefangen. Sie hat mich einmal mit zum Aerobic geschleppt. Dann sind wir bei der Skigymnastik gelandet. Irgendwann haben wir uns gedacht, wir könnten ja eigentlich auch einmal mit dem Laufen anfangen. Also sind wir in Geesdorf den Betonweg so ungefähr 500 m gerannt. Wir sind natürlich viel zu schnell losgelaufen und waren fix und fertig und haben beschlossen: 

Laufen ist nichts für uns. Laufen ist doof.

Bruno: Laufen ist nichts für uns, haben sie gedacht (lacht herzlich).

Marika: Dann hat irgendwann später der Bruno das Laufen angefangen und ist in Kitzingen beim Frühjahrslauf gestartet. Immer, wenn ich dann im Ziel war und auf ihn gewartet habe,

habe ich gesehen, dass alle so glücklich waren, wenn sie ins Ziel kamen.

Da habe ich mir gedacht ach, das müsstest du eigentlich auch können, probierst es einfach noch mal. Dann habe ich ein Jahr nach ihm nochmal angefangen und bin dann gleich nach drei Wochen beim Würzburger Residenzlauf gestartet. Da wollte ich die 10 km schaffen. Das habe ich auch geschafft. Ich war die Letzte. Ich habe eine Stunde und 15 Minuten gebraucht und habe einen riesigen Applaus bekommen. Der nächste Lauf musste noch fünf Minuten warten und später starten, weil ich noch nicht im Ziel war. (Wir lachen) Das war der Anfang meiner Laufkarriere.

Helga: Da hat sich bei dir beim Residenzlauf die Leidenschaft für diese großen Events entwickelt? Weil der Residenzlauf ja schon eine Großveranstaltung ist, mit Profis am Start, einer tollen Stimmung und sehr vielen Zuschauern. Diese Publikumsmassen, diese Atmosphäre, die hast Du ja bei einem kleineren, regionalen Lauf nicht.

Marika: Die Atmosphäre war es eigentlich gar nicht, die mich gereizt hat. Ich wollte einfach diese 10 km schaffen. 

Spartathlon, mehr als ein Lauf: Eine Liebe für's Leben

Marika Heinlein, Langstreckenläuferin vor einem Tisch mit Kerzen in einer griechischen Kapelle
Marika in einer Kapelle in Griechenland
"Der Spartathlon ist ein Ultramarathon über eine Strecke von 246 km, der in Griechenland seit 1983 veranstaltet wird. Die historische Strecke von Athen nach Sparta muss dabei in einem Zeitlimit von 36 Stunden zurückgelegt werden." (WIKIPEDIA)
antike Darstellung eines griechischen Läufers

Helga: Apropos große Wettkämpfe, bist Du im letzten Jahr eigentlich beim Spartathlon gestartet? 

Marika: Gestartet ja, aber da bin ich nicht ins Ziel gekommen.

Helga: Und an was bist Du gescheitert?

Marika: Im letzten Jahr hatte ich ein paar Tage vorher eine dicke Backe. Das war aber beim Start weg. Heute denke ich, dass ich da irgendetwas ausgebrütet habe, was sich dann im Rennen wieder bemerkbar gemacht hat. So bis Marathon lief es eigentlich ganz normal und dann habe ich gemerkt, dass ich die Füße nicht mehr schnell genug vorbekomme. Es ging irgendwie nicht so richtig. Das war ungefähr bei Kilometer 55, ich kann es gar nicht genau sagen. Bei Marathon hatte ich noch einen Puffer von ca. 15-20 Minuten, aber danach wurde ich immer langsamer. Die nächste Matte habe ich gar nicht mehr erreicht und war dann bei ca. km 55 schon über die Zeit, da wird man auch ohne Matte rausgenommen!

Bruno: Vorher wurde sie noch durchgewunken, aber da war dann Schluß.

Helga: Ist es so, dass man es nicht mehr schaffen kann, wenn man schon am Anfang zu langsam ist? Oder hätte man da eigentlich noch eine Chance?

Marika: Das weiß man nicht, es ist ja auch manchmal nur ein kurzes Tief, dann geht es dir wieder gut und du kannst wieder rennen. Aber das funktioniert beim Spartathlon halt nicht, weil man in dem Moment, wo man über der Zeit ist, an der Matte raus muss. So ist das Reglement, das ist einfach so.

Helga: Das bedeutet also, dass dir die großen runden Jubiläen in Griechenland noch fehlen?

Marika: Ja, zumindest die Zehn.

Der zehnte Zieleinlauf fehlt mir.

Was ich dann danach mache, weiß ich noch nicht.

Helga: Du bist für dieses Jahr angemeldet?

Marika: Ja ja!

Helga: Und wie kommt man auf die Idee, den Spartathlon zu laufen? Die Ultraläufe an sich sind ja schon nicht so bekannt, aber der Spartathlon ist ja sogar in der Ultraszene etwas Außergewöhnliches.

Marika: Unsere Buchhandlung haben wir 1999 eröffnet. Da hab’ ich im Jahr davor das Laufen angefangen. Da hab’ ich mir gedacht:

Wenn wir die Buchhandlung eröffnen, dann laufe ich da auch meinen ersten Marathon.

Das hat auch geklappt. Irgendwann bin ich dann halt den zweiten Marathon gelaufen und dann war das schon nicht mehr das gleiche Gefühl der Euphorie. Dann habe ich eben immer neue Herausforderungen gesucht.

Bei einem Volkslauf haben wir die Frau von Hubert Karl (einziger Läufer weltweit, der den Spartathlon schon 24-mal gefinisht hat) getroffen. Die hat erzählt, dass er jedes Jahr nach Griechenland fliegt, um dort den Spartathlon zu laufen, da haben wir gedacht …

Bruno: “(…) der spinnt ein bisschen…“

(wir lachen)

Marika:

“…der Typ hat einen Knall.” 

Wir haben die beiden weiter getroffen und dann hat er gesagt: “Probier doch mal einen 24-Stunden-Lauf oder einen 12-Stunden-Lauf.“ Da hab’ ich mir gedacht, besser erstmal einen 12-Stunden-Lauf. Den habe ich dann gewonnen und bin im Jahr darauf dann meinen ersten 24er (Anmerkung: 24 Stunden-Lauf) gelaufen und da war ich in Apeldoorn Dritte.

Bruno: Da bist Du aber eingebrochen. Da wärst Du nämlich Erste geworden, wenn Du so weiter gelaufen wärst.

Marika: Ja, da war so ein Mistwetter. Bruno saß im Auto und hat Stieg Larsson gelesen. Ich habe da so meine Runden gedreht, habe viel zu wenig gegessen und bin dann total eingebrochen.

Ich bin zwischendurch eine Stunde lang nur gegangen. Es ging dann aber wieder.

Letztendlich bin ich Dritte geworden. Dann haben wir hinterher mit Hubert gesprochen. (zu Bruno) Du hast ihn angerufen. – Denn 4 Wochen später war dann in Reichenbach Deutsche Meisterschaft im 24-Stunden-Straßenlauf und wir wollten wissen, ob ich da schon wieder starten kann. Er meinte, das ginge, denn Frauen würden grundsätzlich schneller regenerieren als Männer, das müsste also machbar sein.

Ich bin dann auch dort gestartet und

zum ersten Mal deutsche Meisterin im 24h-Straßenlauf geworden.

  • Wir schauen uns den TRAILER SPARTATHLON an: 

Helga: Mich spricht dieser Trailer unglaublich an. Diese Atmosphäre verursacht mir eine Gänsehaut. Kannst Du erklären, warum der Spartathlon so etwas besonderes ist? Was zieht Dich immer wieder dahin?

Marika:

Weil es eben mein Rennen ist.

Weil es schon so ein Sieg über den eigenen Körper und Kopf ist. Wenn man ehrlich ist, ist es eigentlich nur eine Quälerei, letztendlich. (lacht)

Es ist nicht so, dass ich da die ganze Zeit schreiend vor Freude durch die Gegend laufe.

Helga:  Aber es macht etwas mit Dir!?

Marika: Natürlich, absolut!  Aber während des Laufs, da hast Du entweder Druck, Zeitdruck, oder … musst dich übergeben oder hast Durchfall oder solche unangenehmen Sachen, weil es meistens ja auch sehr heiß ist…

Helga: Aber es ist etwas ganz Großes, was Du da bewältigst!

Marika: 

Den Spartathlon zu schaffen ist für mich etwas ganz Besonderes.

Das war nicht einmal beim ersten Marathon so. Obwohl das schon sehr emotional war. Aber einen Marathon zu laufen ist beim ersten Mal so emotional und wenn du es dann aber immer wieder machst, ist es nicht mehr so bewegend. Beim Spartathlon ist es immer so besonders emotional.

Helga: Das macht die großen sportlichen Herausforderungen aus. Da geht es nicht mehr primär nur um die Zeit, um Sekunden oder Minuten, sondern eher darum, die Strecke zu bewältigen!? Die Herausforderung ist jedes Mal so groß, dass es einfach nur darum geht, es zu schaffen, oder!?

Marika: Genau! Richtig! 

Laufpaar aber nicht immer Paarlauf

Helga: Wo warst Du, Bruno, bei dieser Erfolgsgeschichte? Ihr habt also zusammen mit dem Laufen angefangen, aber auf die 24h-Läufe und das Spartathlon-Abenteuer hast Du Dich nicht eingelassen?

Bruno: Nein, nein. Wobei, die 60 km Euerbach bin ich mitgelaufen und in Biel beim 100 km-Lauf, da war ich auch einmal mit dabei.

Helga: Dann war Ultra-Langstreckenlaufen einfach nicht so dein Ding?

Bruno: Nö. Es fehlte mir einfach an der Klasse.

Helga: Hättest Du denn Lust dazu gehabt?

Bruno: Das hätte ich ja machen können. Aber – nein –

Ich war dann Betreuer.

In Marikas Klasse wäre ich eh nie gelaufen. 

Helga: Es ist aber auch Gold wert, wenn man jemanden hat, der einem bei diesen extremen Sachen den Rücken freihält! Wenn beide starten, ist es schon eine große logistische Herausforderung, oder!?

Bruno: Genau! Gemeinsam zu starten, das hatten wir jetzt, beim 6-Tage-Lauf. Da sind wir ja beide gelaufen. (Anmerkung: Marika und Bruno sind zusammen 931 Kilometer an 6 Tagen gelaufen)

Marika: Das war nur mal ein Versuch, ist aber ganz gut gelaufen. 

Helga: Mit dem Marathonlaufen habt Ihr das Langstreckenlaufen gemeinsam begonnen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass Ihr Euer Schaufenster mit den Startnummern und Medaillen von Eurem ersten Marathon dekoriert hattet. Man sah Euch auch gemeinsam vor Eurem Laden ganz entspannt auf der Bank sitzen. Das war für mich so faszinierend zu sehen, wie ihr den Mut für eine eigene kleine Buchhandlung habt und nebenbei noch Zeit, gemeinsam die Leidenschaft für das Laufen zu leben.

Marika: Das ist aber auch wirklich so. Neulich hatten wir erst einen Kalenderspruch von Konfuzius, glaube ich, der hieß sinngemäß:

Wenn Du die Arbeit machst, die Dir gefällt, dann musst Du dein Leben lang nicht arbeiten.

Helga: Und wenn es dann mit dem Partner auch noch so gut läuft, wie bei euch, dann ist das einfach ein Traum. 

Bruno: Das habe ich schon oft gesagt: Stell Dir vor, ich würde Briefmarken sammeln. (lacht)

Marika: Dann hätte ich Dich nicht genommen (wir lachen herzhaft).

 

Marika und Bruno bei der 6-Tagelauf Weltmeisterschaft 2023 in Policoro. Marika wurde Weltmeisterin in der AK60  AK 60 mit 558,3km und Bruno 3. in der AK60 mit 373km.

Ein Laufkleid sieht nicht nur gut aus

Helga: Was mir damals noch aufgefallen ist, war natürlich dein Rock. Bist Du schon immer mit Rock gelaufen? War das bewusst ausgesucht oder hat das irgendeinen anderen Grund, ein Sponsor vielleicht?

Bruno: Es geht darum, dass es einfacher ist, wenn du unterwegs auf die Toilette musst. 

Marika: Und weil ich ein Mädchen bin.

Helga: Ist da auch eine Hose integriert?

Marika: Bei den Laufröcken, da ist so eine Innenhose drin. 

Im Sommer laufe ich ja normalerweise mit einem Laufkleid.

Da ist keine Innenhose darunter. Wenn ich da mal in die Büsche muss, da muss ich nicht so eine enge, klatschnass geschwitzte Radlerhose runterpfriemeln, sondern

einfach Kleid hoch, in die Büsche, fertig.

Helga: Das ist die Lösung. Ich habe nämlich auch schon lange einen echten Laufrock mit einer engen Radlerhose drunter und konnte ihn nie anziehen, weil ich durch die vielen Lagen Stoff so geschwitzt habe und mir damit regelmäßig die Oberschenkel wundgescheuert habe. 

Marika: Bei meinen Röcken ist das keine Hose mit Beinchen, sondern, wenn überhaupt eine Hose drunter ist, dann nur eine Innenunterhose. Das ist eine niederländische Firma, Hiphardlopen heißt die. Das machen zwei Frauen, ursprünglich nur Laufbekleidung für Frauen. Ich habe ganz viele von den Röcken und den Laufkleidern;  Sportjurkes heißen die. Die muss man zwar auch runterziehen, da schwitzt man aber nicht so und es geht trotzdem wesentlich schneller und bequemer. 

Helga: Die hast Du auch von Anfang an schon getragen? Weil ich Dich nur mit Rock in Erinnerung habe: die kleine Läuferin mit dem Rock.

Marika: Ich habe selber gesucht, ob es so etwas gibt, weil ich die normale Laufbekleidung schon immer häßlich fand.

Außerdem sind in den Röcken immer Taschen und in den Kleidern auch, wo ich dann Handy und Taschentücher einstecken kann. Perfekt

 

Marika Heinlein läuft beim 4-Tage-Lauf in Foglizzo Italien
Marika Heinlein läuft beim 4-Tage-Lauf in Foglizzo Italien

Alleine, oder zusammen?

Helga: Noch ein Frauenthema ist das Alleine-Laufen. Läufst Du gerne alleine?

Marika: Ja, ich laufe fast immer alleine. Ab und zu laufen wir mal Sonntags zusammen.

Am liebsten laufe ich alleine. 

Helga: Du bist also nicht einsam dabei?

Marika: Nö, gar nicht. Da habe ich Zeit, über Dinge nachzudenken. Zeit, die ich sonst während der Arbeit ja nicht habe.

Bruno: Wobei das am Anfang schon anders war. 

Marika: Ganz am Anfang, als wir angefangen haben, sind wir auch in der Gruppe gelaufen.

Bruno: Da ist dann so ein positiver Gruppenzwang. Da geht man auch mal laufen, wenn man nicht will. Es war ja nicht von Anfang an so, dass du jeden Tag laufen wolltest. 

Marika: Ja, natürlich nicht. 

Bruno: Das ist dann irgendwann schon eine Sucht. Aber am Anfang ist es schon einfacher, in einer Gruppe zu laufen. Da hat man einen festen Termin und läuft, auch wenn man sich eigentlich denkt: Ach, heute Abend schon wieder laufen… Aber dann denkt man an die Gruppe, die dann ja auch fragt, wo man war, dann geht man doch hin. 

Marika: Ja, das haben wir auch ganz früher eine Zeit lang so gemacht. 

Helga: Hattest Du beim alleine Laufen nie Angst?

Marika: Nein, ich bin lange Zeit fast nur im Wald gelaufen, immer alleine, ohne alles.

Helga: Und hast nie schlechte Erfahrungen gemacht?

Marika: Nein, höchstens mal mit Hundehaltern, die Ihren Hund nicht so gut erzogen hatten. Aber auch da ist Gott sei Dank nie etwas Ernstes passiert. 

Bruno: Aber vor Schweinen hast Du Angst.

Marika. … vor Wildschweinen hab’ ich Angst. In der Dämmerung bin ich deshalb auch dort nicht alleine gelaufen. Hier laufe ich jetzt momentan viel Straße. Ich habe schon alle Straßen rundherum abgegrast. Am liebsten, fast täglich, im Schlosspark. Weil ich da variieren kann. Wenn ich nicht so früh loskomme, laufe ich eben eine Runde weniger. Wenn ich früher unterwegs bin, dann eine oder zwei mehr. Aber ich laufe eigentlich immer alleine. Ich laufe gerne alleine.

Helga: Du läufst so viel alleine, so lange Läufe und es ist Dir nie etwas Unangenehmes passiert. Das ist doch wirklich positiv!

Marika: Wenn’s dunkel wird, geh‘ ich halt mit Stirnlampe.

Angst hatte ich noch nie und auch keine schlechten Erfahrungen gemacht.

Bruno: (zu Marika) Du hattest aber schon auch mal zwei Selbstverteidigungskurse gemacht.

Marika: Ja, aber das war noch bevor ich zu Laufen anfing. Der Entschluss dazu hatte nichts mit dem Laufen zu tun. Das war einfach mal in. Die Kurse habe ich über die VHS bei einem Polizisten in Kitzingen gemacht. 

Bruno und Marika Heinlein im Wald beim Laufen
Am Hochzeitstag ein gemeinsamer Lauf

Laufen pur, ohne Ablenkung

Helga: Es gibt ja Läufer, die man nie ohne Kopfhörer sieht. Ist Musik denn ein Thema für Dich, um Dich beim Laufen abzulenken? Oder lenkst Du Dich in irgendeiner Art und Weise auf dem Laufband ab? Mit Musik, Filmen oder Videos?

Marika: Nein,

ich laufe ohne Musik oder andere Ablenkung. Das ist, denke ich, gut für die mentale Stärke, die man für die langen Wettkämpfe braucht. 

Helga: Darf man bei den Ultra-Läufen mit Musik in den Ohren starten?

Marika: Mittlerweile ja, früher war es verboten. Das hat mich aber nie gereizt. Zum einen, wenn ich Musik höre, die hat ja einen bestimmten Takt. Dann komme ich aber vielleicht aus meinem inneren Takt, das würde mich stören. Ich versuche, mental abzudriften, an etwas anderes zu denken, als an das, was ich gerade mache. Und das funktioniert. Es würde mich eher stören, als mich zu motivieren.

Ich lasse lieber meine Gedanken schweifen. 

Bruno: Wobei, beim Spartathlon habe ich Dich auch schon mit Musik beschallt …

Marika: (lacht) Da standest Du auf dem Parkplatz und hast …

Bruno: … die Musik voll aufgedreht 

Marika: Da waren es aber nur noch 20 km. Da hat Bruno halt mal aufgedreht. Aber sagen wir mal so: Bei einem 24h-Lauf, wie z. B. in Apeldoorn, da haben die ganz gute Musik vom Veranstalter auf der Runde. Wenn Dir die Musik gefällt, ist das schon ganz gut. Aber selbst dauernd Musik direkt in den Ohren zu haben, das ist nichts für mich.

Wenn man Straße läuft, da muss man ja auf den Verkehr aufpassen.

Da würde ich das mit Kopfhörern nie machen. Beim Spartathlon zum Beispiel, da muss man ja aufpassen, sonst hörst Du ja vielleicht nicht, wenn ein Auto kommt.

Ultra-Läuferin mit Bauchgefühl

Helga: Wieviel Zeit investierst Du denn heute noch ins Laufen? In früheren Interviews fiel da mal die Zahl von 200 km pro Woche in der Vorbereitung auf den Spartathlon.

Marika: So viel ist es schon lange nicht mehr.

In einer normalen Woche laufe ich jeden Tag mindestens eine Stunde,

je nachdem, wie viel Lust und Zeit ich habe und ob ein Wettkampf in Sicht ist. – Ich habe aber auch keinen Trainingsplan. 

Helga: Das fasziniert mich! Ein Training gilt für viele Athletinnen und Athleten nur, wenn es exakt gestoppt, gemessen und gespeichert wurde. Es gibt so viele Parameter, die da gemessen werden, um das Training zu optimieren: Schrittlänge, Schrittfrequenz, Herzfrequenz, Watt.

Marika: Aber das macht doch dann keinen Spaß mehr.

Ich laufe doch, weil es mir Spaß macht!

Helga: Ja, der geht, auch meiner Meinung nach, ein ganzes Stück weit verloren. Wenn ich Dich so höre, da bin ich ganz nah bei Dir! Das Laufen genießen, die Gedanken schweifen lassen, aus dem Bauch raus laufen macht einfach glücklich! Ist das altmodisch?

Marika: Nein! Ich denke, wir machen es richtig! Deshalb war ich auch noch nie großartig verletzt. Ich mache manchmal gar nicht so viel, das ist dann einfach besser. Wir laufen schon auch mal viel, wie jetzt im August in Italien, wo wir an sechs Tagen hintereinander gelaufen sind. Wir laufen auch schon mal anspruchsvolle Strecken … 

Bruno: … zum Teil.

Marika: Ja, zum Teil. Der Maintal-Ultratrail war so ein Lauf mit richtig anspruchsvoller Strecke. Das habe ich teilweise schon unterschätzt. Ich bin ja gar keine Trail-Läuferin. Ich bin bis dahin noch nie einen richtigen Trail gelaufen. 

Schon auf den ersten 10 km kam da so ein steiler Abhang. Bruno hatte mich da schon überholt. Das passiert mir sonst nie. Ich stand da oben und dachte „Oh, ich trau’ mich da nicht runter”. Dann kam von oben ein Läufer, der hatte bloß so eine Art Laufsandalen an, der hat dann gesagt:

“Soll ich dir die Hand geben, aber ich habe auch nur Sandalen an.”

Dann hab’ ich gesagt: ”Doch das wäre trotzdem nett.” Dann sind wir da zusammen runtergerutscht, von Baum zu Baum. Unten hat dann Bruno auf mich gewartet.

Der ganze Lauf war ein Albtraum für mich. Es war ja auch so heiß und bei km 40 hab’ ich gedacht: “Jetzt zieht es Dir gleich die Füße weg.”

Das war irgendwie der Kreislauf, der schlapp gemacht hat. Da hab’ ich gedacht: „Was machst Du denn jetzt?” Dann bin ich halt erstmal gegangen und habe in einer Mischung aus Laufen und Gehen weitergemacht. Irgendwie hab’ ich mich da durchgebissen, aber frage nicht, wie! Ich habe mir gedacht:

“Das verbuche ich eben als Erfahrung und als Anfang und Ende meiner Trail-Karriere.” (lacht)

Bei der Strecke waren unbeschreibliche Abschnitte dabei. Da war ein schmaler, etwas älterer Läufer vor mir, der Stöcke dabei hatte. Immer wenn ich gesehen habe, dass er die Stöcke auspackt, wusste ich, es geht wieder hoch oder runter. Da waren Anstiege dabei, da wusste ich gar nicht, wie ich da hoch kommen soll. Außerhalb des Waldes waren Passagen mit abgemähten Wiesen, da war alles so rutschig! (schüttelt den Kopf)

Helga: Also richtig anspruchsvoll und kräftezehrend!?

Marika: Ja. Ich habe fast 11 Stunden gebraucht. Nach elf Stunden war der Zielschluss. Sieben Minuten vor Zielschluss bin ich ins Ziel gekommen. Das letzte Stück konnte ich dann wieder rennen, weil es wieder flach war. Kurz vor dem Gewitter war ich im Ziel. – Ich habe es als Erfahrung und langes Training verbucht. 

Helga: Viele der extrem langen Läufe, wie der Spartathlon, sind auch nicht ohne Höhenmeter, oder?

Marika: Nein, nein. Griechenland hat auch insgesamt etwas mehr als 4000 Höhenmeter. Da muss man

nachts bei Kilometer 160 noch über den Sangas-Pass laufen, der hat 1200 Höhenmeter und ist oben fast wie ein Klettersteig.

Dennoch muss man am Anfang fast einen 6er Schnitt laufen. Es sind auch die ersten 20 Kilometer aus Athen raus ansteigend. Erst bei Korinth, bei Kilometer 81 wird es etwas lockerer. Da muss man spätestens nach 9,5 Stunden sein. Man sollte auch etwas Zeitpuffer haben, sonst kann man da gar nicht auf die Toilette oder etwas essen.

Aber beim Maintal-Ultra blieb mir einfach nichts anderes übrig, als zu gehen. Immer wenn ich gelaufen bin, wurde mir auch noch schwindelig, da habe ich mir dann gedacht: “Das wird nichts!“ Ich wollte aber auch nicht aufgeben. Bruno musste nach 30 Kilometern aufgeben, weil er Krämpfe hatte, das ging nicht mehr. Das wusste ich aber nicht, das hat er mir nicht verraten. Da hat er mich später erst angerufen.

Helga: Du hast immer ein Handy dabei?

Marika: Bei dem Lauf war Handy Pflicht. Sonst hätte ich keines dabei gehabt. Handy und ein medizinisches Erstversorgungspäckchen waren Pflicht. Auch ein Liter Wasser, was auch ein Problem für mich war, denn dadurch hatte ich keine Hand frei, um mich abzustützen. Ich kann nämlich nicht mit Rucksack laufen und hatte die Flasche immer in der Hand. Mit beiden Händen hätte ich mir da schon leichter getan. Einmal kam aber auch ein Läufer von hinten und hat mir einen Schubs gegeben, damit ich hoch komme. (wir lachen)

Helga: Das ist doch nett!

Marika: Ja, eine nette Erfahrung, aber die brauche ich nicht noch einmal. Ich bin einfach keine Trail-Läuferin. Ich bin eine Stolper Lise, habe Angst, wenn es abschüssig und rutschig ist.

  • 2006: 24-Stundenlauf Deutsche Meisterin (weitere Titel 2008, 2009 folgen)
  • 2008: Spartathlon: 3. Platz bei den Frauen
  • 2011: Mauerweglauf: 100 Meilen Berlin, 1. Platz
  • 2011: 24 ore del Sole Palermo, 1. Platz
  • 2012: Leipziger 100km Lauf am Auensee, 1. Platz
  • 2019: 24-Stunden-Euopameisterschaft, 2. Platz
  • 2022: 100km Straßenlauf Weltmeisterschaft Berlin, 2. Platz AK55 
  • Erster Start 2007 mit 45 Jahren
  • größter Erfolg 2009: drittschnellste Frau 
  • seither 15 Starts
  • 9 mal davon ins Ziel gekommen.
  • 2021: Aus Vernunft 13km vor dem Ziel wegen starker Unwetter abgebrochen.
  • längster Lauf 1: 1200km von Wiesentheid in die Partnerstadt Rouillac in Frankreich
  • längster Lauf 2: 48h Lauf 
  • längster Wettkampf: 6-Tage-Lauf mit Schlaf- und Essenspausen.
  • 9 mal bei den Deutschen 24h-Straßenlaufmeisterschaften auf dem Podium (vollständige Ergebnis-Statistik seit 2001 auf der Seite Deutsche Ultramarathon-Vereinigung e.V.)

Verletzungen kann man weglaufen

Helga: Faszinierend finde ich, dass Du all die Jahre so ganz ohne Verletzungen durchlaufen konntest.

Marika: Ich hatte schon mal eine Zeit lang eine Plantar-Faszitis. Das habe ich mir in Schweden bei einem 6-Stunden-Lauf auf einer eiskalten Bahn zugezogen. Da war es extrem kalt und die Bahn war vereist und ich bin mit so ganz leichten Schläppchen gelaufen. Ich glaube, deshalb habe ich das bekommen. Da habe ich ein Dreivierteljahr damit rumgemacht und alles ausprobiert, auch Wickel, etc. . Dann bin ich einen 24h-Lauf gelaufen und dann war es weg. 

Helga: Obwohl das ja so eine gefürchtete Verletzung ist, bei der es ewig dauern kann, bis man sie im Griff hat? 

Marika: Bei mir hat es beim Laufen auch gar nicht wehgetan, sondern erst hinterher, beim Auftreten. – Jedenfalls war es nach dem 24h-Lauf weg. Dann hatte ich nochmal so eine ähnliche Geschichte, die war dann nach dem Spartathlon weg. Man kann das also alles weglaufen. 

Eine richtige Verletzung, die hatte ich noch nie. 

Helga: Deswegen hast Du vermutlich die Freude am Laufen auch bis heute behalten? 

Marika: Ja, und weil ich

nicht jedes Wochenende diese langen Läufe laufe.

Das bringt in meinen Augen nichts.

Helga: Beides spielt da sicher eine Rolle dabei, dass Du noch immer Freude am Laufen und an Wettkämpfen hast: Du hast es nie übertrieben und bist, vielleicht deswegen, so gesund geblieben. – Jetzt bist Du 60 Jahre alt. Bist Du in den letzten Jahren gravierend langsamer geworden? 

Marika: Nein, nicht so gravierend. Sagen wir mal so: Ich hatte nie eine hohe Grundschnelligkeit. Jetzt mit zunehmendem Alter merke ich, dass ich etwas fauler werde, was das Schnelligkeitstraining betrifft. Das bedeutet, um jetzt noch schneller zu sein, müsste ich härter trainieren und da stelle ich manchmal fest: “Ach nö, das will ich jetzt nicht.”

Helga: Du hast aber auch schon so viel erreicht! 

Marika: Meine Devise ist immer einfach mal loszurennen und

wenn es gut wird, ist es gut, und wenn nicht, dann eben nicht.

Beim Spartathlon ist das Ziel anzukommen.

Helga: Die Zeit, als Du Dir etwas beweisen musstest, ist also deutlich vorüber?

Marika: Die hat es noch nie gegeben!

Unbeschwert durch die Wechseljahre laufen

Helga: Die Jahre zwischen 50 und 60 sind ja für viele Frauen voller körperlicher Veränderungen und dadurch teilweise sehr turbulent und anstrengend. Hast Du in den letzten 10 Jahren bemerkt, dass sich Dein Körper verändert hat? Sei es, dass Du weniger Kraft hättest, längere Regenerationszeit bräuchtest, oder Ähnliches?

Marika: Nö. Ich bin einfach immer weiter gelaufen. 

Helga: Lass uns aber doch nochmal die häufigsten Probleme in den Wechseljahren durchsprechen: Hattest Du keine Hitzewallungen oder Stimmungsschwankungen?

Marika: Nö!

Helga: … außer wenn das Laufen ausfällt?

Marika: Ja! Da bin ich aber mit mir selbst unzufrieden und nicht mit anderen.

Helga: Besonders starke Blutungen, unter denen ja viele Frauen zu leiden haben, oder Beckenbodenprobleme?

Marika: Nein, gar nicht.

Helga: Du bist ja wirklich auserwählt zum Laufen!

Marika: Vielleicht, keine Ahnung. (wir lachen)

Helga: Die albernste Frage für Dich ist sicher die nach Gewichtsproblemen, oder?

Marika: Eher anders herum: Als wir jetzt in Italien bei dem 6-Tage-Lauf waren, sind wir ja 6 Tage auf einer 1072 m-Runde gelaufen. Da habe ich schon so viel gegessen wie noch nie. Da haben wir wirklich früh, mittags und abends etwas Richtiges gegessen. Aber da habe ich tatsächlich

2 Monate gebraucht, um wieder auf mein normales Gewicht zu kommen.

Helga: Wie viel verlierst Du da?

Marika: Mein Kampfgewicht ist 47 Kilogramm. Vor solchen Wettkämpfen versuche ich immer mal so ein Kilo zuzunehmen, was auch meistens klappt. Danach hatte ich dann aber nur noch 44 Kilo, weil der Körper ja auch noch nachbrennt.

Bruno: Dein Wohlfühlgewicht war aber auch schon mal ein Kilo mehr.

Marika: Ja, das pendelt, das ist vielleicht mit zunehmendem Alter so, dass ich das Gewicht nicht mehr so hinbekomme. 

Helga: Ja, das ist tatsächlich so, dass die Muskelmasse im Alter abnimmt. Also genau genommen schon ab 30, dann aber mit zunehmendem Alter gravierender. Muskelmasse ist dabei auch schwerer als Fettgewebe.

Marika. Ich schwanke jedenfalls immer zwischen 46 und 47 Kilo. Bin aber ja auch nur 1,60m groß.

Bruno: Es waren mal 49, 48 Kilo und jetzt ist das Wohlfühlgewicht bei 47 Kilo.

Marika: Was soll ich machen?

Du kochst jeden Abend für Vier und wir essen das auf.

(wir lachen)

Helga: Brunos Posts auf Facebook entnehme ich, dass ihr alles esst und euch ganz normal ernährt?

Marika:

Ich esse alles und trinke jeden Abend meinen Schoppen.

Ich habe all die Jahre schon mal Nahrungsergänzungsmittel im Wettkampf probiert, aber am besten funktioniert es einfach, so lange es geht mit ganz normalem Essen, auch beim Laufen. Ansonsten nehme ich bei Wettkämpfen alkoholfreies Bier, Kamillentee oder Fencheltee zu mir.

Helga: Würdest Du sagen, dass Du Dir mit dem Laufen in den Wechseljahren etwas Gutes tust?!

Marika: Ja, das weiß ich aber nicht nur von mir, sondern auch von der Frau meines großen Vorbilds Alfred Schippels, der mit 75 noch den Spartathlon gefinisht hat. – Seine 73-jährige Frau Brigitte hat ihn dabei mit dem Auto betreut, was nicht einfach ist! – Auf jeden Fall ist sie früher auch gelaufen und hat zu mir gesagt: „Marika, wenn Du so weiter läufst, bekommst Du keine Wechseljahre.“ Tatsächlich war das dann bei mir genau so!

Helga: Anscheinend kann man dadurch die unangenehmen Begleiterscheinungen reduzieren, während der hormonelle Wechsel genau so stattfindet.

– Ich habe diese Erfahrung auch gemacht: Eine Zeit lang bin ich aus beruflichen Gründen sehr wenig gelaufen und habe die ersten unangenehmen Veränderungen zu spüren bekommen. Ich hatte Hitzewallungen, extreme Blutungen und Herzstolpern. Durch meine berufliche Veränderung konnte ich dann wieder mehr laufen und habe sofort die positive Wirkung auf meine Beschwerden gespürt. Gerade die starken Blutungen wurden deutlich schwächer und sind heute kaum mehr schmerzhaft. Heute geht es mir um Welten besser. 

Da sind wir beide schon mal gute Beispiele dafür, dass Laufen in den Wechseljahren helfen kann.

Marika: Ja, also ich habe keine der genannten Beschwerden gehabt.

Marika Heinlein mit Weinglas vor einem Teller mit Fisch

Altern ohne Probleme

Helga: Viele Frauen haben ja mit dem Älterwerden Probleme. Sie kommen mit den Veränderungen nicht gut zurecht, mit den Falten, oft mit Gewichtszunahme, mit grauen Haaren. Ich habe dabei das Gefühl, dass Frauen, die Sport machen dabei entspannter sind. Mir scheint, aktive Frauen sind da mehr mit sich im Reinen. Wie hast du das erlebt? Hilft Dir das Laufen grundsätzlich beim Älterwerden?

Marika:

Bis jetzt macht mir das Altern keine Probleme.

Helga: Ist der Spartathlon mit 60 also noch immer gut machbar?

Marika & Bruno: Locker ist das nicht, aber machbar. 

Marika: Den Spartathlon habe ich mir noch nie locker zugetraut.

Helga: Das heißt, Demut ist angesagt?

Marika: Du brauchst vor dem Lauf einen Wahnsinnsrespekt. Du kannst da nicht hingehen und sagen, “Das habe ich ja schon so oft geschafft, das schaffe ich diesmal auch.“ Das kann man bei diesem Lauf nicht machen. – Das Langsamerwerden habe ich ja selbst in der Hand. Ich könnte es ja ändern, indem ich härter trainiere. 

Bruno: Du müsstest mehr Laufband oder mehr Tempoeinheiten mitnehmen.

Marika: Deshalb gehen wir am Sonntag nach SulzfeldDas sind zwar nur 7 km, aber man läuft im Wettkampf halt doch schneller, als wenn man alleine nur für sich läuft. (Anmerkung: regionaler Lauf mit 200 HM auf 7 km)

 

Hofbuchhandlung Heinlein in Wiesentheid von außen
Milchkanne als Briefkasten und kindsgroße Pixiefigur mit Corona-Tuchmaske vor Eingangstüre der Hofbuchhandlung
Marika und Bruno hinter Verkaufstheke
Bücher und Geschenkartikel

Die Hof-Buchhandlung

Helga: Lasst uns über eure zweite Leidenschaft reden, die Buchhandlung. Marika, du bist ja gelernte Buchhändlerin. Wie seid Ihr überhaupt auf die Idee gekommen, so etwas Verrücktes zu wagen, wie eine eigene Buchhandlung zu eröffnen?

Marika: Als die bisherige Buchhandlung zu gemacht hat, haben wir mit dem Gedanken gespielt, ob wir nicht in Wiesentheid eine Buchhandlung aufmachen sollten.

Helga: Bruno, du bist auch gelernter Buchhändler?

Bruno: Nö (beide lachen), das ist aber auch nur gut so.

Marika: Das ist gut so, weil zwei Buchhändler, das würde, glaube ich, nicht funktionieren.

Helga: Damals und heute noch vielmehr ist es schon ein Wagnis, sich im Buchhandel selbständig zu machen, oder? Ich kann mich erinnern, es war die Zeit der Euro-Umstellung, da hat es den Buchhandel ganz schön mitgenommen. Sich in dieser Zeit zu trauen, ausgerechnet in einem kleinen Ort wie Wiesentheid, eine Buchhandlung aufzumachen, das erfordert Mut! Du hast dieses Wagnis trotzdem auf dich genommen? 

Bruno: Das wurde vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels auch nicht empfohlen.

Helga: …und auch noch als unabhängige Buchhandlung zu bestehen, das ist sicher nicht einfach. Ihr gehört ja nicht zu irgendeiner größeren Buchhandelskette, oder?

Marika & Bruno: Nein,

wir sind völlig unabhängig.

Helga: Hut ab! Woher hattet ihr also den Mut? 

Bruno: Wir hatten vorher schon länger überlegt und mit anderen Buchhändlerinnen zusammen Pläne geschmiedet. Eigentlich war ausschlaggebend, dass die einzige Buchhandlung im Ort bei Reisingers aufgehört hat. Da waren wir hier in Wiesentheid unterwegs und haben uns nach Möglichkeiten umgeschaut, als wir den alten Herrn Reisinger getroffen haben und der fragte uns: „Na, schaut ihr euch nach einem Laden um?” Er hat sofort registriert, was wir vorhatten.

Helga: Euer erster Laden war auch direkt neben der alten Buchhandlung in der Nähe vom Gymnasium und ihr hattet sofort eine einladende Bank vor dem Geschäft stehen. Dann seid ihr umgezogen ins Industriegebiet und jetzt seid ihr wieder im Ort, in dem schönen Altbau hier. Funktioniert das hier?

Bruno: Eigentlich leben wir von Stammkunden.

Helga: Habt ihr Kooperationen mit Schulen, so wie man sich das wünschen würde? Ist es so, dass die Lehrer fest zu euch kommen und die Schullektüren bestellen oder die Bücher für die Schulbibliothek?

Bruno & Marika: Ja, die unterstützen uns. Es ginge natürlich immer noch besser, aber besonders das LSH ist wirklich unser bester Kunde. Die Schulen insgesamt sind gute Kunden. 

Helga: Von dieser schönen Pandemie-Aktion der Sinning-Stiftung hier am Ort habe ich auch gelesen. Ziel dieser Stiftung ist ja die Förderung von Kindern und Jugendlichen im technischen, musischen, künstlerischen und sportlichen Bereich. In der Pandemie haben die Sinnings dann Geld für Bücher gespendet, um Kinder in der Zeit der Lockdowns und Schulschließungen mit Lesefutter zu unterstützen. Ich erinnere mich an Facebook-Posts und Zeitungsberichte darüber, dass Du, Bruno, die Bücher dann auch noch an die teilnehmenden Kinder ausgefahren hast.

Bruno & Marika: Das war wirklich klasse!

Bruno: Manche Kunden sind da sehr engagiert dabei.

Marika: Ja! Und die Firmen vor Ort, wenn sie etwas brauchen, bestellen sie das auch bei uns. 

Helga: So wünscht man sich das doch. Das ist natürlich ein Vorteil von so einem kleinen Ort, dass man zusammenhält und unterstützt wird.

Ein Blick in die Zukunft

Helga: Wenn wir mal in die Zukunft schauen. Läuferisch, wo geht es da hin? Entscheidest Du Dich da ganz aus dem Bauch heraus, oder gibt es schon neue Ziele? Der diesjährige Spartathlon ist ein großes Ziel, das hast Du erzählt. Gibt es darüber hinaus eine Vision, wie es weitergeht, wohin es Euch zieht? Habt Ihr noch Träume, die Ihr Euch verwirklichen wollt, von denen Ihr sagt, das wollten wir schon immer mal machen?

Marika: Eigentlich nicht.

Helga: Aber ihr werdet weiterlaufen?

 Marika: Ja, das schon.

Bruno: Der 6-Tage-Lauf jetzt (Anmerkung: 6-Tage-Ultra-Marathon-Weltmeisterschaft in Policoro in Italien), das war so eine Idee von mir, dass wir so etwas mal machen könnten. Da haben wir etwas Langes gesucht, was Marika laufen könnte, weil sie das ja als Vorbereitung für den Spartathlon braucht. Aber einen Sechstage-Lauf wollte sie eigentlich nie machen.

Marika: Ich hatte da gar keine Lust darauf. Dann habe ich mir gedacht,

 

 

 

 

 

da kann ich den Bruno ja aber auch nicht alleine herumlaufen lassen, dann mache ich halt doch mit.

Helga: Jetzt könntet ihr es ja auch einmal umdrehen, dass du Marika den Bruno unterstützt. Bruno, wie wäre das?

Bruno: Ja, warum nicht. Bei einem 6-Tage-Lauf? (beide lachen)

Marika: Das war jetzt aber auch nicht so prickelnd, dass ich das unbedingt noch einmal machen wollte. – Was aber wirklich schön bei dem Event war, dazu kann ich Dir ein ganz kurzes Video zeigen. Da sieht man, dass auch sehr lange Strecken richtig Freude machen können. Das könnte Dir gefall:

Video auf FACEBOOK

(Marika und Bruno tanzen beim 6-Tage-Ultra-Marathon-Festival in Italien, als sie sich bei Marikas 500stem und Brunos 333stem Kilometer treffen.)

Helga: Und hier mit der Buchhandlung, wie ist da euer Plan? Viele Selbstständige haben es ja eh schon im Hinterkopf, dass sie nicht mit 65 oder 67 in Rente gehen können, sondern so lange weiterarbeiten müssen, wie es eben geht.

Marika: Nein, Rente mit 67, das können wir uns gar nicht leisten. 

Helga: Ihr seht euch also schon auch, so lange es geht, hier Bücher verkaufend?

Marika: Genau. Anders ginge es gar nicht. Die Buchhandlung wird dieses Jahr schon 24 Jahre alt. Ich zahle deshalb seit 24 Jahren nur den Mindestbetrag in die Rentenkasse ein. Wenn ich im normalen Rentenalter Rente beantragen würde, würde ich vielleicht 700€ Rente bekommen. Bruno bekommt vielleicht 300€. Aber wir machen das ja gerne, von dem her gesehen ist das ja kein Problem.

Ich mache das richtig gerne, wenn es gut geht, dann mache ich das auch noch mit 80.

Vielleicht nicht mehr unbedingt von 9 bis 18 Uhr durchgängig, dann halt eben etwas kürzer.

Gemeinsam leben, arbeiten und laufen

Helga: Dann lieber doch vorne auf der Bank mal ein Buch lesen.

Marika: Ja, zum Beispiel.

Helga: Ist das noch die originale Bank von eurem ersten Laden?

Marika: Nein, die Originale hat jemand bei einem Fest in der Steigerwaldhalle mal in der Nacht kaputt getreten. Bei der Neuen jetzt geht das nicht. Sie ist viel stabiler, die hat der Bruno selbst aus alten Eichenbrettern gebaut.

Helga: Aber die Bank gehört schon zu Euch dazu?

Bruno: Das gehört überhaupt dazu, so eine Bank vor dem Haus.

Helga: Es hat Eindruck gemacht, dass ihr auch mal gemeinsam gemütlich vor eurem Laden gesessen seid. Die Nachricht, dass es da zwei Buchhändler in Wiesentheid gibt, die sich auch mal hinsetzen und Zeit für ein Schwätzchen haben, hat es damals sogar bis zu mir nach München geschafft. (wir lachen)

Bruno: Das war schon bei uns daheim so, dass da immer eine Bank vor dem Haus stand, und das ist jetzt wieder so.

Marika: Es ist auch so, wenn nichts los ist – es gibt immer mal so Zeiten, an denen wenig oder nichts los ist und wir alles erledigt haben –da setze ich mich auf die Bank. Das funktioniert auch. Da fährt jemand vorbei, sieht mich und denkt sich: genau, da wollte ich doch auch noch hin und ein Buch kaufen. Manchmal lockt das auch Leute herein.

Helga: Das heißt, du läufst nicht nur jeden Tag, sondern selbstverständlich liest du auch jeden Tag? 

Marika: Ja, allerdings nicht draußen auf der Bank. Wenn ich lese, bekomme ich ja nichts mit. Das passiert eh schon viel zu häufig, dass ich jemanden übersehe und der sich dann denkt: ach, die grüßt ja nicht. Die meisten wissen zwar in der Zwischenzeit, dass ich sie manchmal einfach nicht wahrnehme, aber besser ist es einfach, man sieht die Menschen und grüßt.

Helga: Wie groß ist deine Privatbibliothek?

Marika: Groß! (lacht) Jeder freie Platz ist voll. Das Bücherregal, da stehen die Bücher doppelt, die sind voll. Dann lagert manches auch noch in Kartons oder wartet darauf, dass wieder mal ein Zimmer fertig ist, dass man da neue Regale hinmachen kann. 

Helga; Das heißt, in allen euren Zimmern wohnen Bücher.

Marika: Ja. Es kommen ja auch immer neue Bücher dazu.

Helga: Also, mit 70 sehe ich Dich dann immer noch hier sitzen und stehen und kann bei Dir Bücher kaufen?

Marika: Mit 80 auch noch.

Marika und Bruno vor Bücherregal

Helga: Hättet Ihr denn einen Tipp für jemanden, der sich selbstständig machen möchte? Gibt es irgendetwas, bei dem ihr sagen würdet, das müsste man auf alle Fälle im Auge behalten? Marika: Du musst sehen, dass du dich nicht verschuldest. Du solltest im Idealfall schon am Anfang einigermaßen finanziell abgesichert sein. Ich würde es nicht empfehlen, mit einem großen Kredit in so ein Wagnis einzusteigen und

du musst natürlich von deiner Sache überzeugt sein.

Ein alter Schulfreund hat damals zu mir gesagt:

Es gibt nichts Schöneres, als selbstständig zu sein.

Das kann ich bestätigen.

Helga: Ich bewundere Euren Mut, euch zu zweit in die Selbständigkeit zu stürzen. Ist es denn mehr eine doppelte Stütze, oder ist es eher eine doppelte Belastung, da ja beide drinstecken, wenn die Selbständigkeit scheitern würde?

Bruno: Ich bin der Handwerker, der Arbeiter und mache alles selbst, was viel Geld kosten würde und was Marika so nicht selbst machen könnte. Die Ladeneinrichtung und die Regale, die hat aber ein Freund von uns noch gemacht. Der war Schreiner. Die sind so stabil, die halten auch noch, wenn man dreimal umgezogen ist. 

Marika: Bruno hat auch die Heizung selbst eingebaut.

Bruno: Man braucht auch Ideen. Ich habe zum Beispiel beim Zoll die Edelstahlschränke hier gekauft. Die sind mal was anderes.

Helga: Ihr ergänzt euch also wunderbar: Du, Bruno, kannst Sachen, die Marika nicht kann und umgekehrt. Gemeinsam ist euch also der Wunsch nach Unabhängigkeit und die Liebe für Bücher und fürs Laufen!?

Marika:

Bruno liefert die Sachen auch an die Schulen oder wenn jemand seine Bücher gebracht haben will.

Das könnte ich ja nicht beides gleichzeitig, hier im Laden zu stehen und die Bücher auszuliefern.

Helga: Ich sehe schon, ihr beide habt euch gesucht und gefunden, nicht nur beim Laufen, sondern auch beruflich. Das ist schon etwas Besonderes.

Bruno: Ja, unsere Ideen ergänzen sich auch. Das Lastenfahrrad zum Beispiel, das wir gekauft haben, ist aus dem Deutschen Bundestag. Damit fahre ich schon seit Jahrzehnten die Bücher aus. Damals hat noch kein Mensch von Lastenfahrrädern gesprochen. Das stammt noch aus Bonn und ich habe es in Berlin ersteigert. Wir haben in Berlin eine Freundin besucht und das Fahrrad dann mit nach Hause gebracht.

Marika: Ja, wir ergänzen uns. Das muss man erst einmal aushalten:

Wir leben zusammen, wir arbeiten zusammen und wir fahren zusammen auf Wettkämpfe.

Helga: Wenn man gemeinsame Visionen hat, das trägt einen dann halt doch ein ganzes Stück weit. 

Marika: Sicher rappelt es auch mal, wie in jeder anderen Beziehung auch.

Drei Buchempfehlungen

Helga: Hast Du drei Buchtips für mich?

Marika: Also, ganz klasse ist:

‚Über Carl reden wir morgen.‘ Von Judith W. Taschler

Das ist mein allerbester Buchtip. Das hatte ich als Leseexemplar und habe mittlerweile schon an die hundert Stück davon verkauft. Es hat eine schöne Sprache und eine tolle Handlung. Die Autorin ist eine Österreicherin und hat schon für den Vorgänger: ‘Die Deutschlehrerin’ Preise bekommen.

So ganz heftige Krimis, dafür habe ich auch viele Kunden, deshalb lese ich die und lese die selbst für mich auch mal gerne. Da habe ich auch einen Tip:

‚Der Brand‘    Von Daniela Krehn 

Darin geht es um ein Ehepaar, das sich auseinandergelebt hat und im Sommerurlaub versucht, ob da nicht doch noch etwas zu retten ist. Bei diesem Buch dachte ich zuerst, das interessiert mich thematisch eigentlich gar nicht. Dann hat es mir aber mein Diogenes-Vertreter aufs Auge gedrückt. Er hat gesagt, das ist genial, das musst Du lesen. Dann habe ich es gelesen und muss sagen: Ich bin mit ihm einer Meinung: Es ist wirklich schön!

Und natürlich:

‚Der Gesang der Flußkrebse‘.    Von Delia Owens

ganz klar.

Marika mit Postkarte 'Das Leben ist schön' vor einem Teller Erdbeerkuchen mit Sahne und Latte Macchiato

Geringe Erwartungen aber große Zufriedenheit

Helga: Wenn wir nochmal zurück zum Laufen kommen: Du hast ja die unendliche Motivation. Welchen Tipp hast Du für Laufanfängerinnen, damit der Einstieg ins Laufen gelingt und man lange Freude am Laufen behält? 

Marika: Man soll sich zum einen nicht zu hohe Ziele setzen. Zum anderen muss man vielleicht auch ein, zwei Mal

seinen Schweinehund überwinden, um zu erfahren, wie schön das dann ist, wenn man es geschafft hat, ihn zu besiegen.

Man darf auch nicht verzweifeln, wenn man Ziele nicht erreicht. Deshalb hilft es,

die Ziele so zu setzen, dass sie machbar sind,

um so leichter zufrieden zu sein.

Am Anfang macht man ja schnell Fortschritte. Es kann schon ein Ziel sein, dass das Laufen immer besser und länger geht. Das zu sehen und für sich anzuerkennen, dass das bereits eine tolle Leistung ist.

Das funktioniert auch, wenn man durch das Laufen abnehmen will. Da kann man sich darüber freuen, dass es ja immer kleine Erfolge gibt.

Helga: Oder, wenn es einem zu langsam geht, könnte man ja auch den Fokus wechseln und sich darüber freuen, dass man überhaupt in Bewegung ist, womit man sich ja grundsätzlich schon mal etwas Gutes tut und was den Körper schon positiv verändert.

Man könnte sich auch darüber freuen, dass man sich verändert, denn durch das Laufen verändert man sich unweigerlich.

Marika: Genau.

Ich schaffe es auch sehr gut, durch das Laufen Stress abzubauen.

Als mein Vater beispielsweise im Sterben lag, da bin ich ganz oft raus in den Wald und bin laufen gegangen.

Bruno: Da schaut die Welt dann wieder ganz anders aus.

Helga: Dieser Blickwinkel ist es, glaube ich, der Dich auch ausmacht. Diese kleinen Dinge zu sehen und damit zufrieden zu sein. Man kann ja mit ein und demselben Lauf zufrieden sein, dass man es geschafft hat, oder unzufrieden sein, weil es immer auch hätte schneller sein können. Dich zeichnet es aus, dass Du immer die positive Sichtweise einnimmst. Das sieht man ja am Beispiel Deines ersten Residenzlaufs sehr gut: Du warst glücklich, weil Du ihn geschafft hast. Du hättest aber auch im Boden versinken können, weil Du Letzte warst, das hast Du aber nicht. Du neigst dazu, das Schöne zu sehen, das macht Dich aus? 

Marika: Ja!

Bruno: Das ist aber im ganzen Leben so.

Marika: Mein Ding ist es halt, die Herausforderungen zu schaffen. Wie ich das bei dem Maintal-Ultra-Trail auch gemacht habe. Es gibt Menschen, die dann aussteigen, wenn es mal nicht so gut läuft, aber ich will es einfach schaffen. 

Helga: Du bist dann auch zufrieden und hackst das ab und sitzt nicht nachher zuhause und haderst mit dem Verlauf.

Marika: Nein, ich versuche daraus zu lernen.

Helga: Vielen Dank, da sind schon sehr viele Tipps dabei, die Frauen helfen können, die Dinge positiv zu sehen und mit innerem Sonnenschein durchs Leben zu gehen. 

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